Die Verwendung von Lehmputz im Außenbereich hat eine lange Tradition.
Gleichwohl wird ihr seit geraumer Zeit so gut wie keine Beachtung mehr geschenkt. Mehr noch: Sie wird von Vielen sogar strikt abgelehnt.
Als Argument gegen die Verwendung von Lehmputz im Außenbereich, sozusagen als Ausschlusskriterium wird vorgebracht, dass Lehmputz grundsätzlich nicht witterungsbeständig sei. – Doch ist dem wirklich so?
Ich behaupte N E I N – und bin mit dieser Auffassung nicht alleine!
Lehmputz im Außenbereich ist durchaus eine Alternative zu den heute üblichen Außenputzen. – Es müssen lediglich einige Voraussetzungen gegeben sein.
Zu diesen zählen insbesondere:
- Die Zusammensetzung des Lehmputzes muss besonders abgestimmt sein. Neben der Verwendung eines besonders geeigneten Rohlehms sind die Auswahl spezieller Zuschlagstoffe und das Mischungsverhältnis entscheidend.
- Wichtig für die Beständigkeit des Lehmputzes im Außenbereich ist ein hoher Anteil geeigneten Strohs.
- Der Untergrund muss rau genug sein, um eine „Verzahnung“ des Lehmputzes zu ermöglichen. Glatte Flächen wie z. B. Beton, Mauerwerk aus Klinkern oder stranggepressten Ziegeln sind grundsätzlich nicht geeignet.
- Von größeren versiegelten oder wasserabweisenden Flächen (z. B. Fenster) soll kein Wasser über den Putz ablaufen, da dies unweigerlich zu Auswaschungen führt. – Fachwerkbalken innerhalb der Fassadenfläche sind in der Regel jedoch unproblematisch.
- Mit Lehm geputzte Fassadenflächen sollten nur einer geringen, maximal einer mittleren Schlagregenbeanspruchung ausgesetzt sein.
Hinweis:
Bezüglich der Bewertung und Einordnung der Schlagregenbeanspruchung kann man sich an den durchschnittlichen regionalen Jahresniederschlagsmengen und dem Windanfall bzw. der in der DIN 4108-3 enthaltenen Übersichtskarte zur Schlagregenbeanspruchung in Deutschland orientieren.
Es bedarf in jedem Einzelfall jedoch einer individuellen Festlegung der zutreffenden Beanspruchungsgruppe unter Berücksichtigung der regionalen und örtlichen klimatischen Verhältnisse bzw. Bedingungen und der darauf aufbauenden Abschätzung und letztendlich der Entscheidung, ob Lehm als Außenputz verwendet werden kann.
- Bei denjenigen Putzflächen, die Schlagregen ausgesetzt sind, muss der Untergrund große Mengen an Feuchtigkeit rasch aufnehmen können.
Hinweise:
Bei Schlagregen nimmt der Lehmputz problemlos viel Feuchtigkeit auf und transportiert diese auf kapillarem Wege in kürzester Zeit nach innen. Sofern der Wandbaustoff die Feuchtigkeit in etwa dem selben Maße aufnehmen kann, wie sie ihm zugeführt wird, ergeben sich generell keine Probleme. Im anderen Fall staut sich die Feuchtigkeit auf der Schichtgrenze, wodurch sich der Lehmputz vom Untergrund lösen kann und auf der sich bildenden Wasserschicht regelrecht „abschmiert“.
Kaum bis schwach saugende Materialien wie z. B. Natursteine, Stahlbeton, Beton-Hohlblocksteine, Bimsbetonsteine, Leichtbetonsteine, Gasbetonplatten und -steine sowie Kalksandsteine, Vollziegel (z. B. Klinker), Hochlochziegel und Leicht- / Porenziegel sind nicht geeignet! Zu dieser Gruppe zählen auch die bei älteren Gebäuden oft zu findenden „Rheinischen Schwemmsteine“, die aus Bims mit Kalk (Fertigungsperioden 1845 – 1900), Zementkalk sowie Zement (Fertigungsperioden ab 1900) als Bindemittel hergestellt worden sind.
Aber auch mit Kalkmörtel vermauerte Vollziegel, die relativ viel Wasser in kurzer Zeit aufzunehmen vermögen, stellen wegen ihrer glatten Oberfläche keinen geeigneten Putzuntergrund dar.
Geeignet sind hingegen die in Thüringen verbreiteten ziegelformatigen „Kalktuffsteine“.
Ideal sind Lehmuntergründe wie z. B. nicht stranggepresste Lehmsteine, Stampf- oder Strohlehm.
Doch Achtung: Stranggepresste Grünlinge und vakuum-stranggepresste Lehmsteine eignen sich wegen ihrer stark verdichteten Oberflächen sowie des aufgrund ihres hohen Tongehaltes extremen Quellens und Schwindens nicht als Putzgrund!
Entscheidend für die Eignung des Untergrundes ist in erster Linie dessen Wasseraufnahmekoeffizient. Dieser gibt an, wieviel Wasser ein (Bau)Stoff innerhalb einer bestimmten Zeit aufnimmt. Er wird in kg/m²s0,5 bzw. kg/m²h0,5 angegeben.
Nachfolgend werden Näherungswerte zu den Wasseraufnahmekoeffizienten der gebräuchlichsten Wandbaustoffe in kg/m²h0,5 genannt (alle Angaben ohne Gewähr).
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Naturstein 0,2 – 1*
Stahlbeton 1,1
Beton-Hohlblocksteine 1 – 2
Eichenholz 1 – 2
Lärchenholz 1 – 2
Leichtbetonsteine 1,2 – 2,5
Rheinische Schwemmsteine 1,5 – 2,5
Fichtenholz 2 – 3
Kalksandsteine 1.800 kg/m³ 2 – 3
Klinker 2 – 5
Gasbetonsteine 4 – 8
Leichtziegelsteine 5 – 8
Kalksandsteine 1.400 kg/m³ 8
Ziegelsteine 1.200 kg/m³ 8 – 10
Kalksandsteine 1.000 kg/m³ 10
Ziegelsteine 1.400 kg/m³ 10 – 15
Vollziegel 20 – 30
Massiv-Lehmsteine 20 – 30
Lehm 30
* Hinweis:
Bei einigen Sedimentgesteinen wie z. B. Sandstein kann der Wasseraufnahmekoeffizient parallel zur Schichtung deutlich höher als 1,0 kg/m²h0,5 liegen.
Hinsichtlich der Rezeptur sowie der Herstellung von Lehmputz im Außenbereich möchte ich noch auf Folgendes hinweisen:
Nicht bewährt hat sich die Beimischung von Quarzsand, da dieser zu rasch absandet bzw. ausgewaschen wird. Eine Auflösung der Putzschicht ist dann unausweichlich.
Ebenso nicht zu empfehlen ist die „Veredelung“ des Lehmputzes mit hydraulischen Bindemitteln wie z. B. Weißzement.
Durch das schnelle Abbinden des hydraulischen Bindemittels können sich die positiven Eigenschaften des Lehms nicht ausreichend entfalten, d. h. der Putz wird spröde. Bei mechanischen Belastungen zerbröselt er geradezu. Auch ist er anfällig gegenüber auftretenden Spannungen, z. B. durch das Schwinden und Quellen von Fachwerkbalken. Rissbildungen und Ablösungen von ganzen Scherben können die Folge sein.
Keine guten Erfahrungen wurden auch mit einem Überstreichen des Lehmputzes mit Öl, im konkreten Fall mit Rapsöl gemacht.
Über die Anschlüsse an Fachwerkbalken eindringende Feuchtigkeit verteilt sich innerhalb der Putzschicht. Der Ölanstrich schränkt jedoch den kapillaren Austrag erheblich ein und behindert zudem das Ausdiffundieren der Feuchtigkeit. Hierdurch kommt es je nach Feuchtekonzentration zu unschönen Fleckenbildungen. Außerdem verwittert die Oberfläche unterschiedlich rasch.
Die nachstehende Aufnahme aus dem Juni 2012, die dieses Phänomen recht gut erkennen lässt, zeigt eine im Jahr 2002 neu mit Lehm verputzte und anschließend mit Rapsöl imprägnierte Nordwand eines Wohngebäudes.
Die folgende, gleichfalls aus dem Juni 2012 stammende Aufnahme zeigt einen Fassadenbereich, der mit einer Lehmmischung geputzt worden ist, die nach einer noch nicht ganz optimalen Rezeptur hergestellte wurde.
Die Oberfläche weist nach einer Standzeit von 10 Jahren eine relativ raue Oberflächenstruktur auf. Auch treten die Strohfasern recht markant in Erscheinung.
In Anbetracht dessen, dass es sich hier um einen Wandbereich handelt, der Schlagregen ausgesetzt ist (Westseite, direkt über dem Sockel), ist die Standfestigkeit des Lehmputzes jedoch schon recht beeindruckend. – Die Fugen zwischen Balken und Gefachen resultieren aus dem Schwinden des seinerzeit vermutlich noch mit zu hoher Feuchte eingebauten Holzes.
Dass Lehmputz im Außenbereich nicht nur haltbar, sondern auch attraktiv sein kein, beweisen die folgenden Aufnahmen von im Jahr 2009 hergestellten Versuchs- bzw. Musterflächen am Werksgebäude der Firma
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Lehmwerk Kleinfahner GmbH & Co. KG
Anger 56 . 99100 Gierstädt – Kleinfahner
[Tel.: 036206 – 23470 / www.das-lehmwerk.de].
Die Gefache in der Mitte der großen Aufnahme sind mit unterschiedlich durchgefärbtem Lehm geputzt worden. Verwendet wurden mineralische Pigmente.
Die umliegenden Gefache zeigen sich hingegen im natürlichen Farbton des Lehmputzes.
Die beiden kleineren Aufnahmen lassen die relativ feine Struktur des Putzes erkennen. Die von Wind und Wetter freigelegten Strohfasern fallen auch bei näherem Hinsehen kaum ins Auge.
Im rechten Bild zeigt sich der Lehmputz naturfarben.
Zum Material Lehm und Lehmputzen im Allgemeinen und Besonderen ist bereits so viel im Beitrag „Lehmputz im Innenbereich“ gesagt worden, dass ich an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, auf diesen verweisen möchte.
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