Was unterscheidet die ganzheitliche Augenoptik von der klassischen Augenoptik?
Die klassische und ganzheitliche Augenoptik sind in ihren Ansätzen so verschieden, wie Heraklit und Aristoteles. Eine kleine Geschichte mag das verdeutlichen.
Einst ging Aristoteles am Strand entlang. Als Philosoph mit dem Bestreben, die Existenz durch seinen Verstand zu erklären, hatte er keine Augen für den Sonnenuntergang. Kein Gefühl für die Schönheit, die sich vor ihm ausbreitete. Er war in Gedanken versunken. Doch etwas zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein Mann lief mit einem Esslöffel zwischen dem Meer und einer kleinen Aushöhlung hin und her.
Aristoteles blieb stehen und fragte ihn, was er da tue. „Bitte stör mich nicht. Ich habe etwas sehr Wichtiges zu tun.“ Antwortete der. Doch Aristoteles‘ Interesse war geweckt. Er hakte nach. Bitte, erkläre mir, was Du da angeblich wichtiges tust.
Darauf antwortet der Mann: „Ich leere den Ozean in meine Grube.“ Auf diese Antwort hin musste Aristoteles laut lachen. Was wirklich selten vorkam, denn der Verstand lacht nicht. Und Aristoteles war ein wahrer Denkriese. Doch die Antwort dieses Mannes war einfach zu absurd. Und so sagte Aristoteles:
„Du scheinst nicht richtig bei Verstand zu sein. Wie willst Du diesen riesigen Ozean in solch eine kleine Aushöhlung füllen? Und dann noch mit einem Esslöffel? Bitte lass es sein. Das ist einfach nur verrückt.“
Daraufhin antwortete der Mann: „Ich bin fertig. Meine Arbeit ist getan.“
„Wie, Deine Arbeit ist getan? Vergiss Dein Ansinnen, den Ozean zu leeren. Nicht einmal Deine kleine Aushöhlung ist mit Wasser gefüllt.“
Darauf bekam Aristoteles die Antwort: „Du meinst, es ist verrückt, den Ozean in dieses Loch füllen zu wollen. Doch was versuchst Du? Du versuchst, die gesamte Existenz in ein kleines Loch zu füllen, das Du Kopf nennst. Eine Existenz, die größer ist als unendlich viele Ozeane. Und womit? Mit kleinen Teelöffeln, Deinen Gedanken. Bitte hör auf damit, das ist lächerlich!“
Der so sprach, war Heraklit von Ephesus. Und auch wenn sich diese Geschichte nicht wirklich so zugetragen hat, denn Heraklit lebte lange vor Aristoteles, so beschreibt sie dennoch den Zustand unserer heutigen Zeit. Einer Zeit, in der der Mensch versucht, die gesamte Existenz mit seinem Verstand zu erfassen und zu erklären.
Der Verstand aber zerlegt komplexe Dinge und betrachtet sie isoliert, um sie erfassen zu können. Auch der Mensch wurde in seine Bestandteile zerlegt und verschiedene Ärzte kümmern sich seither ausschließlich um seine Einzelteile. Zuvor hatten nahezu alle Kulturen den Menschen als ein Mikrouniversum betrachtet, dessen Gesundheit von einem individuellen inneren Gleichgewicht abhängt. In einem solchen Bild, können die Augen nicht unabhängig vom Rest des Menschen betrachtet werden.
Eine ganzheitliche Augenoptik betrachtet Ihre Augen nicht losgelöst vom Rest Ihres Körpers. Sie bezieht den Menschen als individuellen Mikrokosmos mit ein und zielt darauf ab, Ungleichgewichte zu erkennen, die sich in den Augen widerspiegeln. Sie bezieht mit ein, dass sich die Art Ihres Lebens, auf Ihr Sehen auswirkt.
In der ganzheitlichen Augenoptik wird berücksichtigt, dass der Sehvorgang zum Großteil einen kognitiven Prozess darstellt, in dem die ins Zentrum der klassischen Augenoptik gestellte Akkommodation des Auges nur einen kleinen Teil einnimmt.
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