Die Anstrengungen, die zur Einsparung von Energie propagiert und unternommen werden, sind immens.
Doch wie sinnvoll bzw. wirtschaftlich sind Energieeinsparungsmaßnahmen wirklich?
Man hat sozusagen die Qual der Wahl.
Was bringt unterm Strich mehr: Die Dämmung von Böden, Wänden, Decken und Dächern, das Austauschen von Fenstern, das Modernisieren der Heizungsanlage?
Die Antworten sind ebenso unterschiedlich, wie es Unterschiede hinsichtlich der baulichen Beschaffenheit und der Nutzung von Gebäuden einerseits und dem individuellen Verhalten sowie den Ansprüchen und Bedürfnissen der Nutzer andererseits gibt.
Das heißt, jeder Einzelfall bedarf einer eingehenden, auf die jeweiligen Randbedingungen adaptierten Analyse und Bewertung.
Als ein Beispiel seien hier die Ergebnisse einer Untersuchung an einem aus dem Jahr 1850 stammenden ehemaligen Wohn-Stallhaus am Rand des Thüringer Waldes präsentiert.
Die Fragestellung lautete:
Ist es sinnvoller, die Heizungsanlage zu sanieren oder die dünnen Fachwerkwände im Ober- und Dachgeschoss mit einer Außendämmung zu versehen?
Bestand:
- Die Außenwände des Erdgeschosses bestehen aus relativ massivem Naturstein- und Lehmziegelmauerwerk, die des Ober- und Dachgeschosses aus Fachwerk mit einer Strohlehmausfachung.
- Bei der vorhandenen Heizungsanlage handelt es sich um eine herkömmliche Zentralheizung mit einem ölbefeuerten Niedrigtemperaturkessel und Konvektoren.
- Nach einem im Jahr 2008 ausgestellten verbrauchsorientierten Energieausweis beträgt der durchschnittliche Jahresheizwärmebedarf 28.688 kWh/a.
Planungsvariante 1 – Umstellung von Konvektions- auf Strahlungsheizung (Kreissystem-Heizleisten, auch „Einrohrheizung“ genannt):
- Ausbau der vorhandenen Konvektoren sowie der Vor- und Rücklaufleitungen
- Einbau eines Heizleistensystems mit vier Heizkreisen (je 2 im EG und OG)
- rd. 12.000 € Brutto-Baukosten gem. Kostenberechnung, Stand Dezember 2011
Planungsvariante 2 – Dämmung der Fachwerk-Außenwände im Ober- und Dachgeschoss
- Montieren einer 14 cm starken Dämmung aus Holzfaserdämmplatten, mit Lehm auf der Fachwerkwand vollflächig eingeschlämmt (der von der EnEV geforderte U-Wert von 0,24 W/m²•K wird an der ungünstigsten Stelle mit 0,233 W/m²•K erfüllt)
- Anbringen einer hinterlüfteten Vorhangfassade als Boden-Leisten-Schalung aus Fichtenholz auf den gedämmten Fassadenflächen
- Streichen der Verschalung mit pigmentiertem Leinöl
- Einsetzen von Außenfuttern für die Fenster im Ober- und Dachgeschoss
- Anpassen des Dachkastens und der Dachentwässerung
- rd. 50.000 € Brutto-Baukosten gem. Kostenberechnung, Stand Dezember 2011
(In den Kosten ist die Gerüststellung und das Entfernen des Außenputzes nicht enthalten, da eine Gerüststellung auch für die ansonsten fällige Erneuerung des Fassadenanstriches erforderlich wäre und dem Entfernen des Putzes ein Neuanstrich in kostenmäßig vergleichbarer Höhe gegenüberstehen würde.)
Die durchgeführten Bestands- und Planungsanalysen haben u. a. folgende Eckwerte zum bedarfsorientierten Energiebedarf für die Beheizung ergeben:
- 36.054 kWh/a Jahresheizwärmebedarf im Bestand
- 26.807 kWh/a Jahresheizwärmebedarf für die Planungsvariante 1 – „Heizleisten“ (25,65 % Energieeinsparung)
- 29.211 kWh/a Jahresheizwärmebedarf für die Planungsvariante 2 – „Dämmung“ (18,98 % Energieeinsparung)
Auf dieser Basis führen die Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit zu folgenden Ergebnissen (Preisstand Dezember 2011):
Eine 100-%ige Kreditfinanzierung (6 % effektiver Jahreszins / 4 % anfängliche Tilgung) voraussetzend amortisiert sich die Umrüstung auf Heizleisten (Planungsvariante 1) bei einer 3-%igen Ölpreissteigerung in 17,1 und bei einer 6-%igen Ölpreissteigerung in 14,4 Jahren.
Im Fall der Dämmung (Planungsvariante 2) ist unter den selben Randbedingungen eine Amortisation in voraussichtlich 52,0 bzw. 36,3 Jahren zu erwarten.
Bei einer 100-%igen Eigenkapitalfinanzierung amortisiert sich die Umrüstung auf Heizleisten (Planungsvariante 1) bei einer 3-%igen Ölpreissteigerung in 12,2 und bei einer 6-%igen Ölpreissteigerung in 10,7 Jahren.
Im Fall der Dämmung (Planungsvariante 2) ist unter den selben Randbedingungen eine Amortisation in voraussichtlich 41,7 bzw. 30,3 Jahren zu erwarten.
Unter Berücksichtigung dessen, dass der derzeitige verbrauchsorientierte Jahresheizwärmebedarf knapp über 20 % und damit deutlich unter dem berechneten bedarfsorientierten liegt, ist unter der Voraussetzung eines gleichbleibenden Nutzerverhaltens davon auszugehen, dass sich die realen Amortisationszeiten entsprechend verlängern.
Bezüglich der Umrüstung auf Heizleisten (Planungsvariante 1) ergeben sich bei einer Kreditfinanzierung demnach voraussichtliche Amortisationszeiten von 19,1 bei 3-%iger bzw. 15,8 Jahren bei 6-%iger Energiepreissteigerung.
Bei der Dämmung (Variante 2) wird eine Amortisation in 57,2 bzw. 39,3 Jahren zu erwarten sein.
Bei einer Eigenkapitalfinanzierung der Umrüstung auf Heizleisten (Planungsvariante 1) ergeben sich voraussichtliche Amortisationszeiten von 13,8 bei 3-%iger bzw. 12,0 Jahren bei 6-%iger Energiepreissteigerung.
Bei der Dämmung (Variante 2) kann von einer Amortisation in 46,4 bzw. 33,1 Jahren ausgegangen werden.
Wenn der zu treffenden Entscheidung zu Grunde gelegt wird, dass dem Wirtschaftlichkeitsgebot folgend nur Amortisationszeiträume von etwa 10 Jahren als vertretbar anzusehen sind, überzeugt auf den ersten Blick lediglich das Fallbeispiel „Umrüstung auf Heizleisten bei 100-%ger Eigenkapitalfinanzierung und 6-%iger Energiepreissteigerung pro Jahr“.
Unter dem Aspekt, dass sich mit dem Einbau einer Heizleistenheizung die wohnklimatischen Verhältnisse gegenüber dem derzeitigen Zustand merklich verbessern lassen, kann jedoch auf den zweiten Blick die Planungsvariante 1 selbst unter ungünstigen wirtschaftlichen Randbedingungen noch als sinnvoll und empfehlenswert angesehen werden.
Die Planungsvariante 2 fällt mit Amortisationszeiträumen jenseits der „Schmerzgrenze“ völlig aus dem Rahmen.
Im Übrigen würde sie das Antlitz des Gebäudes völlig verändern. Insbesondere die relativ kleinen Fenster mit einer Breite von etwa 70 cm und einer Höhe von knapp 110 cm, jetzt bündig mit der Fassadenoberfläche liegend, würden knapp 30 cm hinter den Blendrahmen des zukünftigen Außenfutters zurücktreten, und damit fast wie „Schießscharten“ wirken.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass Dämmung nicht immer das Mittel der Wahl ist.
Oftmals kann mit weniger Aufwand nicht nur ein wirtschaftlich besseres Ergebnis erzielt, sondern auch die Charakteristik eines Gebäudes bewahrt werden.
Wenn sich dann noch über die Umstellung auf Strahlungswärme die Behaglichkeit in den Wohnräumen merklich verbessern lässt, dürfte die Entscheidung eigentlich recht leichtfallen. – In diesem Fall wäre dem Umbau der Heizungsanlage von einem Konvektor- auf ein Heizleistensystem eindeutig der Vorzug zu geben.
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