Denkmal und denk‘-mal – Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun oder auch nicht?
Worin unterscheiden sich Empfinden, Spüren und Fühlen?
Nun ja, mit dem Begriff Denkmal kann jeder etwas anfangen und sich auf Anhieb etwas vorstellen. – Eine Statue, ein Bauwerk, ein Gebäude, oft auch größere Gebäudekomplexe, manchmal sogar ganze Stadtteile. – Zumeist recht imposant, monumental, von der Schöpferkraft in vergangenen Zeiten lebenden Menschen zeugend.
Meistens sehr beeindruckend, sogar Ehrfurcht erzeugend und als Denkmal offiziell ausgewiesen. Mit einem Schild gekennzeichnet, das allseits bekannt ist.
Diesen „Objekten“ widmet sich die konservierende, formatistische Denkmalpflege. Recht strengen, zumeist eindeutig definierten Kriterien und Maßgaben folgend.
Auszeichnungen und Prämierungen für herausragende Leistungen gibt es im Übrigen auch.
Doch dann gibt es da auch die vielen kleinen, eher zurückhaltenden, oftmals sogar versteckten Denk‘-male.
Und jetzt wird‘s spannend.
Wie nehmen wir diese Denk‘-male wahr, was empfinden, spüren, fühlen wir dabei?
Was läuft in uns ab, wie geht unser Bewusstsein damit um?
Es beginnt damit, dass wir sie wahrnehmen, egal, ob bewusst oder unbewusst. Zumeist visuell, d. h. wir sehen sie. Sie fallen uns auf den ersten Blick ins Auge oder aber nur so im Vorübereilen aus dem Augenwinkel heraus.
Was kommt dann? – Fühlen wir etwas? – Nun, das kommt darauf an, denn fühlen kann der Mensch sowohl mit den Nerven, mit den Fingern aber auch mit dem Herzen.
Was erspüren wir mit unseren Sinnen, von denen wir weitaus mehr haben, als die allgemein bekannten fünf? Was spüren wir, wenn wir mit dem gesamten Körper fühlen?
Erst jetzt kommt das Empfinden hinzu. – Der Moment, in dem Emotionen in uns geweckt werden, uns etwas tief in unserem Inneren anrührt.
Ein Beispiel:
An einer wenig befahrenen Ortsverbindungsstraße werden einige junge Nadelbäume zur Weihnachtszeit von Unbekannten liebevoll geschmückt. – Zurückhaltend, unaufdringlich und gerade, weil sie so unerwartet das Auge erreichen, Blickfang. – Wie so oft, zeigt sich der Reiz erst bei näherer Betrachtung.
Und was zur Weihnachtszeit recht ist, ist zur Osterzeit billig.
Einfach so, ohne großes Tamtam, ganz still, ohne Schild daran „Denk‘-mal“. Ohne Auszeichnung.
Jeder Betrachter mag sich die Frage danach, was er fühlt, spürt und empfindet beim Anblick dieser geschmückten Bäumchen unterschiedlich beantworten. – Doch in Einem bin ich mir sicher: Ein Denk‘-mal sind sie allemal.
Die Frage, die sich stellt:
Was könnte der Geist, nach der ersten Wahrnehmung nutzen? Er analysiert, kategorisiert, phantasiert und hält vom Leben ab. Denn genau in diesem Augenblick, in dem der Betrachter in die Kontemplation verfällt, gleitet er in seine innere Traumwelt ab. Ein Prozess, der die meisten Menschen das ganze Leben begleitet und sie vom wirklichen Leben und Wahrnehmen abhält.
In seinem Kopf wird er nach der Betrachtung des geschmückten Baumes nichts finden, was mit der Beobachtung tatsächlich zu tun hat. Vielmehr läuft ein Film in ihm ab, in dem die ganzen Gedanken und Erlebnisse der Vergangenheit recycelt werden.
Gerade das Denken hält vom tatsächlichen Leben ab. Es ist nicht dazu geeignet die Beobachtungen zu beurteilen und zu analysieren und darauf folgend Emotionen entstehen zu lassen. Sein eigentlicher Zweck ist die Lösung von Aufgaben. Dass es sich von dieser Aufgabe hinaufgeschwungen hat zum Lenker des gesamten Lebens, ist das eigentliche Trauma unserer Zeit. Wirklich wahrnehmen wird man nur, wenn der Geist in Stille ruht.
Kai Hagemeister