Es gibt viele Möglichkeiten ein Haus kaputt zu sanieren, jedoch nur wenige, die zum eigentlichen Ziel führen.
In meiner langjährigen Praxis bin ich häufig mit den Folgen gut gemeinter aber letztendlich fehlgeleiteter und fehlgeschlagener Sanierungen konfrontiert worden.
Ein Großteil der durch Sanierungen verursachten Baumängel und -schäden und damit finanziellen Desaster betraf und betrifft die Dämmung von Außenwänden.
Auslöser waren bzw. sind regelmäßig die Vernachlässigung bauphysikalischer Zusammenhänge, die Wahl ungeeigneter Dämmsysteme sowie Ausführungsfehler. Oft wird völlig ausgeblendet, dass Wärmeschutz nur eine von vielen Funktionen ist, die Hauswände zu erfüllen haben.
Der Dämmwahn, der zunehmend um sich greift und fast schon groteske und abstruse Züge annimmt, tut sein Übriges.
Das Heil wird in immer dickeren Dämmungen und ausgeklügelteren Systemen zur Energieeinsparung gesucht ohne großartig danach zu fragen, ob eine Verträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit tatsächlich gegeben ist.
So werden quadratmeterweise Dämmungen auf Fassaden gebracht, die, sofern man Glück hat, erst nach Ende der Nutzungsdauer, ansonsten schon eher als Misch- bzw. Sondermüll entsorgt werden müssen. – Was nützt es einem, wenn an sich kompostierbare Holzfaserdämmplatten untrennbar mit kunststoffvergütetem Kleber, Armierungsgewebe und vor bauchemischen Zusätzen nur so strotzendem Oberputz verbunden sind?
Auch ist es bis jetzt noch keinem Spezialisten gelungen, physikalische Gesetzmäßigkeiten außer Kraft zu setzen.
Getrieben durch die (Heiz)wärme wandert in jedem beheizten Raum die Luftfeuchtigkeit nun einmal von innen nach außen durch die Außenwand, im Idealfall bis ins Freie als Wasserdampf.
Jede Art der Beeinflussung dieses natürlichen Vorgangs, zum Beispiel durch das Aufbringen innen- oder außenseitiger Dämmungen, Einbauen von Dampfbremsen sowie außenseitiges Verblenden mit Klinkern, Fassadenplatten u. ä. Elementen, hat Auswirkungen auf die Dampfdiffusion. Schlimmstenfalls kommt es zur Kondensatbildung und Feuchteanreicherung im Wandaufbau.
Innendämmungen lassen z. B. die Außenwände stark auskühlen. Sofern keine hermetische und richtig dimensionierte Dampfbremse eingebaut ist, kühlt der Wasserdampf irgendwo im Wandinneren bis auf den Taupunkt ab. Die Folge ist eine Durchfeuchtung des Wandaufbaus, deren Auswirkungen vielfältig, zum Teil dramatisch sein können.
Bei Außendämmungen kann häufig beobachtet werden, dass schon wenige Jahre nach der Montage der Wärmedämmverbundsysteme massive Oberflächenschäden in Form von Rissen, Putzablösungen oder Veralgungen auftreten.
Dies liegt in der Regel daran, dass eine zu starke Dämmung die äußere Putzschicht von innen nicht ausreichend mit Wärme versorgt und somit deren rasche Ab- oder Austrocknung nach Taubildung bzw. Niederschlägen nicht unterstützt.
Wer darauf achtet, kann z. B. feststellen, dass sich besonders im Frühjahr nach kalten Nächten, in denen die äußere Schicht der Fassaden stark abkühlt, bei morgendlich rasch steigender Lufttemperatur und zunehmender Luftfeuchte großflächig Tauwasser auf gedämmten Außenwandflächen bildet.
Dies sieht dann z. B. so aus:
Aus der Nähe betrachtet, wird das Ausmaß der am betroffenen Objekt bereits wenige Jahre nach Fertigstellung des Wärmedämmverbundsystems (WDVS) eingetretenen Schäden ersichtlich.
Daneben kann die Ursache aber auch darin liegen, dass nicht kapillar leitfähige Dämmungen, wie z. B. Styropor oder Mineralwolle, den Wassertransport aus der Putzschicht ins Mauerinnere und damit einen Feuchteausgleich verhindern.
Dass auch handwerkliche Fehler und unüberlegtes Handeln fatale Auswirkungen haben können, zeigt folgendes Beispiel:
An einem Teil der Außenwände eines Mehrfamilienhauses ist vor einigen Jahren im Auftrag des damaligen Eigentümers ein WDVS angebracht worden.
Dazu wurde die ursprüngliche Schieferverkleidung, nicht jedoch die darunter befindliche, hinterlüftete Holzschalung abgenommen. Auf diese wurde dann eine Styropordämmung im sogenannten Punkt- / Wulst-Klebeverfahren aufgebracht. Die Dämmung ist dann mit einem Klebemörtel, in den eine Gewebematte als Armierung eingebettet wurde, überzogen worden. Den Abschluss bildet ein Fassadenanstrich.
Nach wenigen Jahren zeigten sich in Randbereichen der gedämmten Wandflächen erste markante Ablösungserscheinungen der Wärmedämmung von der Bretterschalung.
Die hinsichtlich der Analyse des sich abzeichnenden Schadens sowie der Festlegung ggf. zu ergreifender Sicherungs und / oder Sanierungsmaßnahmen durchgeführten Recherchen bezüglich des zum Einsatz gekommenen WDVS haben ergeben, dass Materialien verschiedener Hersteller bzw. Lieferanten verwendet worden sind.
Dies mag dem Laien nichts Schlimmes verheißen, bedeutet aber, dass für den wärmedämmenden Aufbau keine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung und somit ein Verstoß gegen das Bauordnungsrecht vorliegt.
Die daraufhin vom verantwortungsbewussten Verwalter des Objekts um Amtshilfe gebetene Bauaufsicht hat nach einem Ortstermin gefordert, dass die gedämmten Fassaden durch den Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten zukünftig einer regelmäßigen Sichtkontrolle bzw. Überprüfung zu unterziehen sind.
Abgesehen davon, dass die hinterlüftete und damit weitestgehend wirkungslose Dämmung weder energetisch noch wirtschaftlich sinnvoll ist, hat die nicht fachgerechte Ausführung zur Folge, dass laufende Kosten für das Monitoring entstehen.
Auch ist nicht abzusehen, wann sich die ersten Teilbereiche großflächig lösen, damit ein Rückbau unumgänglich wird und somit ein Totalverlust eintritt.
Dem nicht genug, kam es im Winter 2010 / 2011 dann noch zu einem Wasserschaden, der im gewissen Sinn auch auf das Konto der fachlich nicht einwandfreien Ausführung der Wärmedämmung geht:
Vom Dach ablaufendes Schmelzwasser lief nicht wie gewünscht in die Dachrinne, sondern wegen Vereisung selbiger zur Wand hin ab.
Hier suchte und fand es den Weg über den nicht fachmännisch ausgeführten Anschluss des WDVS an den Dachkasten bis in die Hinterlüftungsebene der Fassadenbekleidung. Dort stellte sich ihm in Höhe des Obergeschosses wohl nichts in den Weg, so dass es nur zu einer Durchfeuchtung der äußeren Wandbauteile kam. Sichtbar wurden hier nur Verfärbungen der Dämmplattenstöße.
Weiter abwärts traf es aber auf den Versprung der Deckenbalkenlage zwischen Erd- und Obergeschoss. Dem Weg des geringsten Widerstandes folgend, floss es zwischen die Deckenbalken, wo es nicht nur begierig von dem zwischen den Deckenbalken eingebauten Material bis einige Meter in das Gebäudeinnere hinein aufgesogen wurde, sondern sich auch noch auf der unter der Deckenbalkenlage angebrachten Gipskartonverkleidung flächig ausbreitete. Von dort tropfte es in den darunter liegenden Wohnraum, was wiederum dem Laminatboden nicht sonderlich zuträglich war.
Kleine Ursache – große Wirkung!
Die Horrorgeschichten und -szenarien ließen sich beliebig fortsetzen, denn das Register der Planungs- und Bausünden ist ebenso lang wie vielfältig.
Wer als „Problemlöser“ unterwegs war bzw. ist, kann ein Lied davon singen. Manchmal kann man gar nicht so „um die Ecke“ denken, welche Kreativität hier manche Bauherren, Planer und Handwerker immer in der besten Absicht an den Tag legen und dennoch verdeckte Mängel produzieren. – Die Schäden, die hier angerichtet worden sind und leider immer noch werden, sind jedenfalls immens.
Von daher kann nur eindringlich appelliert werden, jedes Dämmvorhaben gründlich und professionell „auf den Prüfstand zu stellen“.
In kaum einem anderen Bereich des Sanierens ist es wichtiger, das betreffende Gebäude als komplexes und zugleich gesamtheitliches Gebilde zu sehen, zu begreifen und zu verstehen.
Wer sich nur auf die Dämmung konzentriert, tut dem Haus und sich selbst in der Regel keinen Gefallen.
Wer hingegen sinnbildlich gesprochen eine Anamnese durchführt, eine Diagnose stellt und dementsprechend mit der Behandlung ansetzt, handelt um- und weitsichtig, denn er wird nur dort etwas unternehmen, wo Wärme über Gebühr abfließt und sich tatsächlich und nachhaltig Einsparungen erzielen lassen. – Und das kann bedeuten, dass Dämmungen nicht immer das erste Mittel der Wahl sind!
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