Beflügelt durch die in der Energieeinsparvorordnung (EnEV) bzw. im Energieeinsparungsgesetz (EnEG) verankerte Pflicht zur Dämmung oberster Geschossdecken gegen unbeheizte Dachräume liegt das Dämmen oberster Geschossdecken voll im Trend.
Viele Hauseigentümer sind der Meinung, dass mit relativ wenig Einsatz – sowohl finanziell wie auch arbeitsmäßig – mit der Dämmung oberster Geschossdecken gegen unbeheizte Dachräume eine deutliche Verbesserung der energetischen Bilanz erzielt werden kann.
Auch wird häufig davon ausgegangen, dass nur geringe oder gar keine Maßnahmen bzw. Veränderungen am vorhandenen Bestand erforderlich sind.
Was liegt also näher, als in den Baumarkt zu fahren, dort den „passenden“ Dämmstoff und bei Bedarf noch Span- oder OSB-Platten zu kaufen, das Ganze geschwind nach Hause zu schaffen und im Kreise der Familie oder mit Unterstützung aus dem Freundeskreis bzw. der Nachbarschaft zu verbauen. – Geht ja ganz fix und macht mit ein paar leckeren Bierchen sogar noch Spaß.
Das kann gutgehen, muss es aber nicht. – Sach- sowie fachlich richtig und damit zielführend ist dieses Verfahren leider nur in den seltensten Fällen!
Was bei der Dämmung oberster Geschossdecken gegen unbeheizte Dachräume nämlich oftmals völlig unbeachtet bleibt bzw. nicht berücksichtigt wird und sich dann früher oder später rächt: Die klimatischen Verhältnisse im Dachbodenraum verändern sich! – Und das hat Folgen, die nicht zu unterschätzen sind!
Hierzu sollte man Folgendes wissen:
In der Heizperiode lassen Decken über beheizten Räumen je nach ihrem Wärmedurchlasswiderstand mehr oder weniger Wärme in darüber befindliche unbeheizte Dachräume durch. Sie wirken dabei quasi wie eine Fußbodenheizung. Folglich herrschen selbst in eigentlich unbeheizten Dachräumen immer höhere Temperaturen als außerhalb der Gebäudehülle, sprich des Daches.
Hinzu kommt, dass die Dachkonstruktion (Dachstuhl, Pfetten, Sparren, Dachlatten, Dachziegel u. a.) durch die vom Luftwechsel unabhängige Strahlungswärme, die die Decke abgibt, kontinuierlich erwärmt wird und daher immer etwas höhere Temperaturen aufweist als die Außenluft.
Andererseits sind ältere Decken nie luftdicht. In der Folge werden über die nach oben strömende warme Luft zum Teil erhebliche Feuchtemengen in den Dachraum eingetragen.
Im Regelfall ist dies alles bauphysikalisch so gut wie nie ein Problem, denn der Dachboden wird praktisch immer – wie vorab erläutert – trockengeheizt und der Luftwechsel durch die Fugen des Daches ist groß genug, um Feuchte auszulüften. – Die Kehrseite der Medaille ist allerdings ein hoher Energiebedarf.
Wenn nun die „Fußbodenheizung“ durch das Aufbringen einer Dämmung außer Betrieb gesetzt wird, hat dies weitreichende Konsequenzen:
Die Lufttemperatur im Dachraum sinkt und die Strahlungswärme entfällt. – Dies wird daran ersichtlich, dass eingetragener Flugschnee erst anfängt abzutauen, wenn die Außentemperatur über den Gefrierpunkt steigt. Auch vereisen die Holzbauteile und die Unterseite der Dacheindeckung rascher und häufiger als früher.
Wenn dann noch der Versuch unternommen worden ist bzw. wird, durch Bekleidungen der Dachunterseite und den Einbau von Isolierglasfenstern und -dachluken die Wärmeverluste noch weiter zu minimieren und gleichzeitig den Eintrag von Staub und Feuchte von außen zu unterbinden, ist der bauphysikalische GAU vorprogrammiert.
Von nun an wird mit der aus dem beheizten Gebäuteteil in den Dachraum zwangsläufig einströmenden warmen Innenluft Feuchte eingetragen, die in Folge des eingeschränkten Luftwechsels nicht mehr ausreichend abtransportiert werden kann und demzufolge frühzeitiger und in größeren Mengen als vorher an kalten Bauteilen kondensiert.
Dies gilt im Übrigen auch bei geringen Feuchteströmen. – Und die hat man eigentlich immer. Zum Beispiel über Dachbodenzugänge wie ausklappbare bzw. faltbare Bodentreppen und Spalten an diversen durch die Decke führenden Bauteilen wie Schornsteinen, Abwasser-, Lüftungsleitungen, Kabeln u. ä.
Das etwas nicht stimmt, wird spätestens dann ersichtlich, wenn sich an Verkleidungen oder Holzbauteilen Schimmelpilzkolonien entwickeln, unter Umständen sogar Wassertropfen oder Vereisungen an der Innenseite der Dachhaut bilden.
Und noch ein Thema:
Während alte Dachfußböden, wie z. B. einfache Bretterbeläge ohne Nut und Feder oder Dielungen, einen regen Luftaustausch zwischen den unter ihnen befindlichen Schichten und dem gut durchlüfteten Dachraum ermöglichen, sind die „modernen“ Baustoffe von heute, wie z. B. Span- oder OSB-Platten, relativ luftdicht.
Wird nun auf einem vorhandenen Bodenbelag eine Dämmung und abschließend eine verhältnismäßig luftdichte Abdeckung aufgebracht, können unter dem alten Bodenbelag befindliche Hohlräume nicht mehr ausreichend in vertikaler Richtung be- und entlüftet werden. Lediglich über seitliche Undichtigkeiten oder gar Öffnungen, z. B. an den Traufseiten, findet dann noch eine Belüftung statt und dies ist bei älteren Gebäuden konstruktiv bedingt eigentlich immer der Fall!
Wenn jedoch von den Seiten her Kaltluft einströmt, d. h. die Hohlräume stark auskühlen, kann es in ihnen zur Kondensatbildung kommen. Hohe Holzfeuchte, Fäulnis, Schimmelbildung und schlimmstenfalls der echte Hausschwamm können dann die Folge sein!
In der Praxis ist auch zu beobachten, dass sich die warme feuchte Luft aus den Deckenzwischenräumen, sozusagen den Weg des geringsten Widerstandes suchend, durch Risse und Löcher in den seitlichen Anschlüssen den Weg ins Freie bahnt. Begünstigt durch den beim Austreten entstehenden Druckabfall kondensiert die Feuchtigkeit dann schlagartig an den angrenzenden Bauteilen. Meist sind dies Sparrenfüße und Deckenbalkenköpfe. Bei Minusgraden sind zentimeterstarke Vereisungen dann keine Seltenheit und aus Dachkästen hängende Eiszapfen sind eindeutige Warnsignale, Indiz dafür, dass hier etwas im Argen liegt!
Besonders massiv treten derartige Erscheinungen auf, wenn Dämmungen auf hohl liegenden alten Bodenbelägen (Bretter, Dielen u. a.) aufgebracht, die traufseitigen Öffnungen der Hohlräume jedoch nicht gut luftdicht verschlossen und abgedämmt werden.
Abgesehen von den bauschädlichen Auswirkungen wird auch die deckenoberseitige Dämmung ad absurdum geführt! – Oberhalb von stark belüfteten Luftschichten angeordnete Bauteile, d. h. auch Dämmungen sind nämlich energetisch wirkungslos! – Die Einzigen, denen sie etwas bringen, sind der Hersteller, der Händler und der verarbeitende Betrieb.
Letztendlich kann aber auch der nicht fachgerechte Einbau eines Bodenbelages fatale Folgen haben:
Spanplatten und OSB-Platten werden in der Regel mit einer extrem niedrigen Holzfeuchte gefertigt. Diese kann zum Zeitpunkt des Einbaus durchaus rd. 5 % betragen. Nach dem Einbau kann sich die Feuchte jedoch erheblich erhöhen, was zu einem Quellen, d. h. insbesondere zu Längen- und Breitenzunahmen führt.
An den Bodenflächenrändern sind demnach in Abhängigkeit von den Abmessungen der Bodenfläche ausreichend breit dimensionierte Fugen, sprich Bewegungsspielräume vorzusehen, die die Ausdehnungen problemlos aufnehmen können.
Geschieht dies nicht, können die enormen Kräfte, die beim Quellen auftreten, erheblichen Schaden anrichten. Fußpfetten werden, u. U. mitsamt ihren Ankern, gewaltsam nach außen gedrückt oder der gesamte Boden wölbt sich auf und stemmt alles auf ihm Gelagerte bzw. Aufgebaute in die Höhe.
Alle diese Aspekte und Faktoren haben Einfluss auf die Wahl des Dämmstoffes, die Bestimmung des konstruktiven Aufbaus und die Festlegung der begleitenden Baumaßnahmen wie z. B. das nachträgliche Einziehen einer luftdichten Ebene, das Abdichten von Fugen an die Decke durchdringenden Bauteilen, das höhenmäßige Anpassen von Bodenzugängen etc.
Hierüber wird doch wohl recht deutlich, dass die Planung und der Einbau einer Dämmung von Decken unter unbeheizten Dachräumen kein Kinderspiel ist.
Und: Jeder Einzelfall ist ein Unikat und als solches zu behandeln. Zu groß ist die bauliche Komplexität und die Breite der Nutzungsanforderungen, als dass hier mit einheitlichen „Rezepturen“ gearbeitet werden kann.
Die Frage „wie und womit soll ich dämmen“ wird von keinem gewissenhaften Verkäufer im Baumarkt oder Baufachhandel mit hinreichender Bestimmtheit beantwortet werden können.
Im Übrigen: Bei der Dämmung oberster Geschossdecken gegen unbeheizte Dachräume sind neben den bauphysikalischen auch statische und brandschutztechnische Belange zu berücksichtigen!
Von daher und aus der Praxis heraus kann ich jedem Bauherren nur dazu raten:
- Lassen Sie sich von einem versierten und erfahrenen, nachweislich sachkundigen Fachmann zumindest beraten, besser jedoch auch von Anfang bis möglichst zum Ende des Vorhabens begleiten, denn gerade im Altbau zeigen sich oftmals erst beim Bauen die Tücken des Objekts.
In Anbetracht der Komplexität der Zusammenhänge und der fachübergreifenden Faktoren sind hierzu in erster Linie Architekten, Ingenieure und Sachverständige in der Lage.
Sofern nicht über Empfehlungen, erhalten Sie Adressen von den regionalen Architekten- und Ingenieurkammern sowie den Industrie- und Handelskammern (IHK). - Reagieren Sie bitte nicht mit Unverständnis, wenn Ihnen eine Vielzahl von Fragen gestellt wird, denn die Basis für eine kompetente und seriöse Beratung ist die grundlegende Kenntnis über den vorhandenen Bautenstand sowie die beabsichtigte Nutzung.
- Bringen Sie bitte auch Geduld auf, denn das, was für eine ordentliche und mängelfreie Planungsleistung erforderlich ist, will fundiert erarbeitet und überzeugend erklärt sein – und das „kostet“ eben Zeit.
- Falls Sie, aus welchen Gründen auch immer, keinen Architekten, Ingenieur oder Sachverständigen einschalten möchten, schenken sie niemandem Ihr Vertrauen, der Ihnen ausschließlich die Materiallieferung und die Montage anbietet. Handwerkliche Fähigkeiten in allen Ehren, aber hier ist m. E. ein deutliches Maß von Mehr an Leistung vonnöten!
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