Ab und an kann es vorkommen, dass von Baubehörden Nachrüstungen von seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten existierenden Gebäuden nach den Vorgaben aktuell geltender, erst lange nach Genehmigung und Errichtung der betroffenen Gebäude in Kraft getretenen Vorschriften eingefordert werden.
Dabei stellt sich für den betroffenen Eigentümer oder Verwalter regelmäßig die Frage, ob er einem derartigen behördlichen Verlangen nachkommen muss oder ob er dieses, sich auf einen Bestandsschutz stützend zurückweisen kann.
Prinzipiell genießen alle Gebäude Bestandsschutz, die auf der Grundlage einer gültigen Baugenehmigung und folglich rechtmäßig errichtet worden sind.
Dies gilt selbst dann, wenn die Baugenehmigung zum Zeitpunkt ihrer Erteilung rechtswidrig gewesen ist. Ein Bestandsschutz greift auch dann, wenn sich das Baurecht zwischenzeitlich so verändert hat, dass eine Baugenehmigung für das betreffende Gebäude heutzutage nicht erteilt werden dürfte.
Daraus ergibt sich, dass nachträgliche bauaufsichtliche Anforderungen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen sowie in engen Rahmen durchgesetzt werden können.
Etwas anders sieht es hingegen aus, wenn wesentliche bauliche Änderungen an der Bausubstanz vorgenommen werden sollen oder eine wesentliche Nutzungsänderung geplant ist, z. B. in einem Laden ein Imbiss eingerichtet oder ein Hotel zu einem Pflegeheim umfunktioniert werden soll.
Eine Anpassung kann zudem verlangt werden, wenn es gilt, erhebliche Gefahren für Leib und Leben oder die Gesundheit von Personen abzuwenden.
Erheblich ist eine Gefahr immer dann, wenn sie überdurchschnittlich ist und konkret droht.
Die zuständige Behörde hat in derartigen Fällen immer eine konkrete Gefahrenanalyse durchzuführen. Dabei ist für den jeweiligen Einzelfall genau zu prüfen, ob eine erhebliche Gefahrensituation vorliegt und diese dadurch charakterisiert ist, dass die bestehenden Möglichkeiten zur Gefahrenbekämpfung und Rettung von Personen nach heutiger Kenntnis typischer Schadensereignisse und -verläufe unzulänglich sind.
Theoretisch gibt es darüber hinaus auch das Recht, Anpassungen zum Schutz des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes vor Verunstaltungen zu fordern.
Derartige Anpassungsverlangen sind allerdings praktisch kaum relevant.
Keinen Bestandsschutz gibt es jedoch für Wasserversorgungsanlagen, denn die Trinkwasserverordnung regelt die Qualität des Produktes, nämlich des Lebensmittels Trinkwasser, und das ist zweifelsfrei keine bauliche Anlage und genießt somit auch keinen Bestandsschutz.
Wer hier Mängel nicht beseitigt oder erforderliche Nachrüstungen nicht durchführt, handelt zumindest fahrlässig und macht sich ggf. strafbar!
Immer wieder Anlass zu Forderungen von Nachrüstungen oder zur Beseitigung von Mängeln geben Gefahrenverhütungsschauen und von Sachverständigen (z. B. TÜV oder DEKRA) durchgeführte wiederkehrende Prüfungen haustechnischer Anlagen und Einrichtungen.
Besonders häufig betroffen sind Lüftungs-, Entrauchungs- und Brandmeldeanlagen sowie Sicherheitsbeleuchtungen.
Dies liegt dann in der Regel daran, dass bei der Errichtung oder einem Umbau des Gebäudes nicht nach den zum Zeitpunkt des Einbaus der Anlagen und Einrichtungen geltenden Vorschriften gebaut worden ist.
In derartigen Fällen ist es zwingend erforderlich, den Forderungen zumindest soweit nachzukommen, dass den zum Zeitpunkt des ursprünglichen Ein- bzw. Umbaus geltenden Vorschriften entsprochen wird.
Eine Nachrüstung auf den aktuell geltenden Stand der Vorschriften ist rechtlich gesehen zwar nur in besonderen Fällen notwendig (s. o.), kann u. U. – z. B. im Hinblick auf eine Verbesserung des Marktwertes (Vemietung oder Verkauf) – aber durchaus sinnvoll sein, um die Zukunftsfähigkeit der Immobilie langfristig zu sichern.
Ein besonderes Kapitel sind die rechtlichen Auswirkungen, die sich aus den beinahe schon regelmäßig ergebenden Änderungen der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) ergeben.
Diesbezüglich ist zwischen unbedingten, d. h. für Gebäude- und Wohnungseigentümer sowie Verwalter zwingenden, und den bedingten Nachrüstungsverpflichtungen zu differenzieren.
Unbedingten Nachrüstungsverpflichtungen ist selbstständig, d. h. unaufgefordert nachzukommen. Sie bestehen unabhängig davon, ob am Gebäude energetische Maßnahmen (z. B. Sanierungen) durchgeführt werden.
Bedingte Nachrüstungsverpflichtungen entstehen, sobald am Gebäude Veränderungen (z. B. Erneuerungen, Sanierungen, Um- oder Ausbauten) vorgenommen werden.
Diese Zusammenhänge sind so kompliziert und komplex, dass eine eingehende und verständliche Darstellung an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde.
Hier bedarf es strenggenommen einer genauen Betrachtung jedes Einzelfalles.
-
Fazit:
Die Vielschichtigkeit, Komplexität und Unübersichtlichkeit der Thematik stellt oftmals selbst für hartgesottene Profis eine Herausforderung dar.
Hier sind nicht nur fach- und rechtliches Wissen und Erfahrungen, sondern in vielen Fällen auch noch investigatives Denk- und Handlungsvermögen gefragt. Schwierig wird es nämlich z. B. immer dann, wenn es darum geht, herauszufiltern, zu welchem Zeitpunkt welche Vorschrift gegolten und was diese für Anforderungen gestellt hat.
Folglich sollte sich jeder mit einer Nachrüstungs- oder Anpassungsforderung konfrontierte Gebäude- und Wohnungseigentümer oder Immobilienverwalter im Zweifelsfall an einen fach- und baurechtlich versierten Berater wenden.
Schreibe einen Kommentar